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Superposition

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Episode 2

Superposition

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Juni 2022

von Dominik Diehl und David Niehaus

Ist der Mond da, wenn wir nicht hinschauen? Existiert Wirklichkeit überhaupt völlig unabhängig von einem Beobachter? Zumindest diskutierten die beiden Physiker Albert Einstein und Niels Bohr darüber. In der Diskussion hatte Einstein damals behauptet, dass es den Mond doch auch gibt, wenn keiner hinsieht! Bohr wollte dafür dann einen Beweis. Dieser Beweis ist bis heute nicht erbracht. Nun ja, die Welt der Quanten lässt sich eben nicht ohne Weiteres auf unsere makroskopische Ebene übertragen. Die Existenz von Superpositionszuständen ist als Merkmal der Quantenphysik jedoch zweifelsfrei bewiesen. In dem folgenden Artikel erfahren Sie was es damit auf sich hat und wie sich das Phänomen für das Quantencomputing nutzen lässt.

Ähnlich zu seinem klassischen Pendant benötigt ein Quantencomputer auch eine grundlegende Recheneinheit. Diese wird als Qubit bezeichnet. Das Funktionsprinzip ist dem Bit, das wir als Informationseinheit bereits aus klassischen Computern kennen, sehr ähnlich. Allerdings können Bits zu einem gegebenen Zeitpunkt grundsätzlich immer nur in einem von zwei möglichen Zuständen vorliegen. Repräsentiert werden diese entsprechend durch Nullen und Einsen. Vereinfacht betrachtet werden Bits im Computer durch unterschiedliche Stomkonfigurationen realisiert: Fließt ein Strom entspricht das einer Eins, fließt kein Strom entspricht das einer Null. Anders das Qubit: Als quantenmechanisches System kann es sich in einer Art Zwischenzustand befinden und währenddessen parallel mehrere Zustände annehmen. Diese quantenmechanische Eigenschaft wird als Superposition bezeichnet.

Die Zeitspanne, nach der im Mittel dieser quantenmechanische Zustand nicht mehr vorliegt, wird Dekohärenzzeit genannt. Sie kommt zustande, da es Wechselwirkungen mit der zugrundeliegenden bzw. eingesetzten Hardware gibt, die sich nie komplett ausschließen lassen. Die Dauer der Dekohärenzzeit wird demnach durch die heute verfügbare Hardware limitiert. Für Quantencomputer stellt sie eine wichtige Kenngröße dar.  Rein intuitiv ist das Phänomen der Superposition in unserer Alltagswelt nicht zu erfassen. Mathematisch lässt es sich hingegen jedoch präzise ausdrücken und als Grundlage quantengestützter Berechnungen einsetzen.

 

Von Bits zu Qubits

Qubits nutzen Superposition

Bildquelle: Anaqor


Dabei lässt sich unter Ausnutzung des Quantenparallelismus und dem Effekt der Quantenverschränkung (siehe Qubizz Wissen Episode 1/Quantenverschränkung) eine exponentiell wachsende Rechenkapazität bei vergleichbar langsam steigenden Hardware-Ressourcen (also der Anzahl der Qubits) erreichen. Dies zeigt sich gut an folgendem Beispiel. Schon mit 50 Qubits können 250, also mehr als eine Billiarde Zustände, dargestellt werden. Mit 300 Qubits sind es bereits mehr Zustände, als es Atome im Universum gibt! Das Potenzial ist demnach unvorstellbar. Allerdings dürfen wir dabei nicht vergessen, dass nach der Durchführung von Rechnungen immer noch eine Superposition von Zuständen auf dem Quantencomputer vorliegt. Es ist daher immer noch ein weiterer Schritt erforderlich, um die gewonnenen quantenmechanischen Daten wieder in klassische Informationen zu übersetzen. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil von Quanten-Algorithmen, die quasi sortierend die relevanten Ergebnisse herausfiltern.

 

Über das Konzept der Superposition

Das Konzept der Superposition bezieht sich darauf, dass eine immanente Unsicherheit besteht, welcher Zustand bei einer Messung tatsächlich vorliegt. Ein Beispiel: In der klassischen Welt kämen wir nicht auf die Idee das Gewicht einer Melone anhand von Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen. So wiegt sie beispielsweise 2 kg und nicht gemäß Wahrscheinlichkeit x oder y kg. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass wir in unserer makroskopischen Welt quasi „die ganze Zeit messen“. Makroskopisch gesehen wechselwirkt jedoch alles mit allem. Entsprechend können diese quantenmechanischen Eigenschaften der „Unsicherheit“ oder „Unbestimmtheit“ nicht stabil vorliegen.

Quantenparallelismus:

Beim Quantencomputing lässt sich mit n Qubits eine Superposition von 2 n Zuständen erzeugen. Rechenoperationen, die auf diesen n Qubits ausgeführt werden, wirken auf alle 2 n Zustände. Das bedeutet, man arbeitet zwar mit einer Menge x, beeinflusst damit aber eine exponentiell größere Menge 2 x.

 

In dem Schaubild werden vier Qubits dargestellt. Entsprechend lassen sich 2 4 Zustände generieren – in diesem Beispiel sind es 16. Aus diesem Grund verarbeitet ein Quantencomputer zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht nur einen Wert, sondern eine hohe Zahl an Werten auf einmal.

 

Quantenmechanische Teilchen verhalten sich anders, als wir es aus unserem Weltbild kennen

In der Quantenmechanik kann eine Superposition in verschiedensten Formen auftreten: Zum Beispiel kann ein quantenmechanisches Teilchen an mehreren Orten zugleich (Delokalität) sein oder sich zugleich in unterschiedliche Richtungen bewegen. Dabei bezieht sich die Superposition in einem System immer darauf, dass unklar ist, was wir sehen werden, wenn wir das System messen. So kennen wir beispielsweise auf einem Quantencomputer zwar den vorliegenden Superpositionszustand, die Messung von diesem ist jedoch rein probabilistisch und das Ergebnis lässt sich nicht vorhersagen. Und genau darum geht es beim Quantencomputing. Denn diese Manipulation der Wahrscheinlichkeiten, mit denen sich Nullen und Einsen messen lassen, ist die Essenz von Rechnungen auf Quantencomputern.

Dass sich dieses merkwürdige Quanten-Verhalten eigentlich nicht in unsere makroskopische Welt übertragen lässt, zeigt das berühmte Gedankenexperiment von Erwin Schrödinger.  Hier stellen wir uns eine Katze vor, die in eine Kiste eingeschlossen ist. Innerhalb dieser Kiste befindet sich ein Atom, das zufällig nach einiger Zeit radioaktiv zerfällt. Passiert dies, setzt ein ebenfalls in der Kiste angebrachter Detektor einen Giftstoff frei. Die Katze stirbt. Nach den Regeln der Quantenmechanik liegt das Atom jedoch, solange wir es nicht gemessen haben, in einer Superposition von Zerfall und nicht-Zerfall vor.

Was bedeutet das für „Schrödingers Katze“? Auch sie müsste sich entsprechend ebenfalls in einer Art Schwebezustand zwischen Leben und Tod befinden. Aber heißt das auch, dass die Katze gleichzeitig tot und lebendig ist? Nein, vielmehr ist sie in einem physikalisch betrachtet neuartigen Zustand. Einem Quantenzustand. Erst wenn wir nachschauen und somit durch das Öffnen der Kiste eine Messung durchführen, wissen wir, ob die Katze tot oder lebendig ist. Schördingers Gedankenexperiment, einst von ihm übrigens als Widerspruch für die Interpretation der Quantenmechanik vorgeschlagen, bringt uns zu einer weiteren Anekdote aus der Wissenschaft und zu immer größeren Fragen, was Wirklichkeit eigentlich konstituiert und welche Rolle unsere Wahrnehmung dabei spielt.

 

Schrödingers Katze

1935 veröffentlichte der Physiker Erwin Schrödinger sein als „Schrödingers Katze“ bekannt gewordenes Gedankenexperiment. Es zeigt, dass sich quantenmechanische Vorgänge und Begriffe nicht einfach in unsere makroskopische Welt übertragen lassen. In Experimenten mit kleineren Objekten konnte die Aussage von dem Gedankenexperiment allerdings bisher bestätigt werden.

Ist der Mond da, wenn wir nicht hinschauen?

Existiert Wirklichkeit überhaupt völlig unabhängig von einem Beobachter? Zumindest diskutierten die beiden Physiker Albert Einstein und Niels Bohr darüber. In der Diskussion hatte Einstein damals behauptet, dass es den Mond doch auch gibt, wenn keiner hinsieht! Bohr wollte dafür dann einen Beweis. Dieser Beweis ist übrigens bis heute nicht erbracht. Nun ja, die Welt der Quanten lässt sich eben nicht ohne Weiteres auf unsere makroskopische Ebene übertragen. Die Existenz von Superpositionszuständen ist als Merkmal der Quantenphysik jedoch zweifelsfrei bewiesen. So lässt sich beispielsweise im Rahmen des Doppelspaltexperiments mit ihnen arbeiten. Dabei  wird ein Elektronenstrahl auf eine Blende mit zwei nah beieinanderliegenden Spalten gesendet. Hinter der Blende befindet sich ein Beobachtungsschirm.  Auf dem Schirm zeigt sich ein Interferenzmuster. Dies ist nach den Gesetzen der Physik nur möglich, wenn sich die Elektronen dabei wie Wellen verhalten. So lässt sich nachweisen, dass ein einzelnes Elektron während des Spalt-Transfers in einem Superpositionszustand aus „Elektron geht durch den rechten Spalt“ und „Elektron geht durch den linken Spalt“ vorliegt und beide Komponenten miteinander interferieren. Dies wird durch das Interferenzmuster am Beobachterschirm sichtbar.

Richtig verblüffend wird es, wenn die Elektronen bei ihrem Weg durch die Spalte einer Beobachtung/Messung unterzogen werden – beispielsweise mit einem Detektor. Plötzlich entsteht ein völlig anderes Bild und die Teilchen verhalten sich nicht mehr wie Wellen und auf dem Beobachterschirm entsteht auch kein Interferenzmuster (siehe Schaubild 3). Oder anders ausgedrückt:  Der Akt der Beobachtung beeinflusst das Ergebnis des Experiments. So lässt sich erkennen, dass das Elektron mit sich selbst interferiert. Genauer gesagt, sind es die eindeutigen Spalt-Transfer-Zustände, die miteinander interferieren.

Auch das andere physikalische Verhalten von quantenmechanischen Zuständen im Vergleich zu reinen klassischen Zuständen wird anhand des Experiments sichtbar. Dies zeigt sich sehr schön daran, dass das Teilchen links und rechts durch den Spalt fliegt. Möglich gemacht durch den Superpositionszustand, in dem sich die Teilchen bis zu ihrer Messung befinden. Erst die Messung konvertiert quantenmechanische Zustände in Ergebnisse, die wir interpretieren können. 

 

 

Schaubild 2
Das Doppelspaltexperiment

Eines der wichtigsten Experimente der Quantenphysik ist das Doppelspaltexperiment. Dabei wird ein Lichtstrahl aus einer Elektronenkanone (1) auf eine Blende (2) mit zwei nah beieinanderliegenden Spalten gesendet. Hinter der Blende befindet sich ein Beobachtungsschirm (3). Auf dem Schirm zeigt sich ein Interferenzmuster (3). Dies ist die Folge des Welle-Teilchen-Dualismus. Daraus lässt sich zum einen ableiten, dass sich ein quantenmechanisches Teilchen – also beispielsweise ein Elektron – wie eine Welle verhalten kann und die beide Spalte gleichzeitig passiert. Es handelt sich dabei um einen Superpositionszustand, da das Teilchen dabei delokalisiert ist. 

Schaubild 3
Die Beobachtung beeinflusst unsere Wirklichkeit

Wenn ein Teilchen beim Durchgang durch eine Öffnung beobachtet wird, steht fest, durch welche der beiden Öffnungen es gewandert ist. Man könnte also behaupten, unter Beobachtung haben die Elektronen keine andere Wahl, als sich wie Teilchen und nicht wie Wellen zu verhalten. So beeinflusst der bloße Akt der Beobachtung die Ergebnisse der Experimente.

Redaktion:

Dominik Diehl (Qubizz),
David Niehaus (Anaqor)

Wissenschaftliche Beratung:
Felix Paul (Anaqor)

Layout/Illustration:
pro:sale kreativmarketing

Qubizz Serie  

Quantencomputing-Wissen für Einsteiger. 

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